Loïc J.D. Wacquant über Gewalt im US-amerikanischen Ghetto

Der Gegensatz Schwarz/Weiß, der einst die Urmatrix für jegliche Wahrnehmung und Beschwerde lieferte, hat sich, wie von selbst, in diesem pausenlosen Guerillakrieg aufgelöst, der in erster Linie gegen seinesgleichen geführt wird, "Bruder gegen Bruder". Eine grausame Umkehrung der Geschichte hat dazu geführt, dass der invisible man, von dem Ralph Ellison kurz nach dem Zweiten Weltkrieg sprach, als das Ghetto den Zenit seiner klassischen Form durchlebte, heute nicht mehr schwarz, sondern weiß oder reich (egal, ob europäischer oder afrikanischer Abstammung) ist. Alles geht so vonstatten, als ob das Ghetto, das sich jetzt in einem geschlossenen Kreis wie die Schlange vom Schwanz her selbst auffrisst, eine so klare und undurchlässige Herrschaftsordnung "perfektioniert", dass als einzige Strategie des Entrinnens und des Widerstands die Taktiken der Selbstopferung bleiben, die, in der Masse vereint, in etwas enden, was alle Anzeichen eines Massensuizids aufweist.


Loïc J.D. Wacquant. Über Gewalt im US-amerikanischen Ghetto. "The Zone". In: Pierre Bourdieu. Das Elend der Welt. Konstanz: UVK, Universitäts-Verlag Konstanz, 1997. Online im Internet: URL: http://www.hyperghetto.de/texts/fanon/ueber_gewalt/


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